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Probejahr: Alkohol-Verbot am Praterstern tritt am Freitag in Kraft

Am Freitag startet das Alkoholverbot am Praterstern.
Am Freitag startet das Alkoholverbot am Praterstern. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Ab Freitag darf auf dem Bahnhof Praterstern und angrenzenden Bereichen kein Alkohol mehr getrunken werden. Das Verbot wird für ein Jahr bestehen bleiben, dann soll eine Auswertung erfolgen. Gastronomiebetriebe und Imbissstände sind nicht betroffen.
Alk-Verbot ist fix

In der “Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend das Verbot des Konsumierens von alkoholischen Getränken am Praterstern” ist klar geregelt, wo künftig gebechert werden darf und wo nicht mehr. Umfasst von der Aktion sind etwa auch die Venediger Au und ein kleiner Teil der Lassallestraße bzw. jene Bereiche, wo der Platz in die Nordbahnstraße, Heinestraße oder Praterstraße übergeht. Die Kaiserwiese im Prater ist hingegen von der Maßnahme nicht betroffen.

Sicherheitsgefühl soll erhöht werden

Der Praterstern werde täglich von 150.000 Menschen frequentiert, berichtete Sima im Gespräch mit Journalisten. Auch “Menschen ohne Beförderungsabsicht” seien dort zu finden, die von Sozialarbeitern intensiv betreut worden seien. “Aber jetzt ist der Punkt erreicht, wo wir erkennen müssen, dass es zusätzliche Maßnahmen braucht”, versicherte Stadträtin Ulli Sima. Der Bevölkerung solle der Reiseknotenpunkt wieder zurückgegeben, das subjektive Sicherheitsgefühl erhöht werden.

Zu diesem Zweck habe man mit den Partnern Polizei, ÖBB und Wiener Linien eine Allianz geschmiedet. Der Vertreter der Exekutive, Gerhard Pürstl, verhehlte nicht, dass das Verbot die Polizei herausfordern werde. Jedoch: Eine Herausforderung ist der Praterstern laut Pürstl für die Beamten schon jetzt. Zwischen 20 und 60 Personen würden sich alltäglich dort aufhalten und “reichlich” Alkohol konsumieren.

Betrunkene Personen alle drei Tage

Im Durchschnitt werde man alle drei Tage zu einer betrunkenen, reglosen Person gerufen. Auch zu Lärmbelästigungen, Pöbeleien oder gar Körperverletzungen komme es immer wieder. Das Verbot soll laut Pürstl “sensibel” umgesetzt werden. Es sei auch möglich, die Betroffenen zunächst zu ermahnen bzw. zu belehren – oder ihnen etwa die Getränke abzunehmen. Auch Wegweisungen sind eine Option. Kommt es doch zu Anzeigen bzw. Strafen, können die Geldstrafen von 70 bis 700 Euro reichen.

ÖBB-Infrastruktur-Vorständin Silvia Angelo verwies auf bereits bestehende Trinkverbote in Dornbirn, Innsbruck oder Salzburg. Dort habe man gute Erfahrungen mit der Maßnahme gemacht. Weitere Schritte zur Attraktivierung der Bahnhofsvorplätze sind ebenfalls angedacht – also etwa das Engagement von Straßenkünstlern. Dies sei auch am Praterstern denkbar, befand sie. Im Bahnhofsgebäude verbietet übrigens die Hausordnung jetzt schon den übermäßigen Konsum.

Ein Jahr Probelauf

Dass die Szene nun in umliegende Wohngebiete verdrängt wird, damit rechnen die Verantwortlichen nicht. In anderen Städte sei das ebenfalls nicht passiert, hieß es. Man werde aber jedenfalls mit dem Stadtservice in der Umgebung präsent sein und die Situation beobachten. Die Regelung soll nach einem Jahr evaluiert werden – um jede Jahreszeit beurteilen zu können, wie Sima erläuterte.

Über das Alkoholverbot werden Besucher des Pratersterns etwa mittels Plakate bzw. Piktogramme informiert. Dass der Koalitionspartner, also die Wiener Grünen, die Verordnung kritisiert haben, ist für Sima kein Anlass, hier noch umzudenken. “Ich glaube, dass wir uns mit den Grünen über die Ziele einig sind”, zeigte sie sich überzeugt. Lediglich am Weg dorthin gebe es offenbar “da und dort” andere Sichtweisen – was bei unterschiedlichen Parteien immer der Fall sein könne, wie sie zu bedenken gab.

Experte: Verbot durchaus sinnvoll

Das am Freitag in Kraft tretende Alkoholverbot am Bahnhof Praterstern in Wien ist laut einem Suchtexperten “durchaus sinnvoll”. Es gebe einen “direkten Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit des Alkohols und dem Konsum”, sagte Michael Musalek, Ärztlicher Leiter am Anton-Proksch-Institut in Wien, am Montag im Ö1-“Mittagsjournal”. Je schlechter Alkohol verfügbar ist, desto geringer sei der Konsum.

Alkohol gesellschaftlich akzeptiert

“Verfügbarkeit heißt nicht nur, kann ich es kaufen oder kann ich es nicht kaufen, sondern wie sehr ist es akzeptiert, dass ich auch diesen Alkohol konsumiere”, betonte Musalek in Bezug auf die Geschäfte am Praterstern, die alkoholische Getränke anbieten. “Wir wissen, dass heute Alkoholkonsum bei Frauen wesentlich besser akzeptiert ist als noch vor 20, 30 Jahren, was leider dazu geführt hat, dass auch die Zahl der Alkoholkranken bei den Frauen gestiegen ist”, erläuterte er.

Kunst statt Verbote

Während die Politik ein Alkoholverbot am Wiener Praterstern ankündigt, startet die Plattform “philomena+” mehrere künstlerische Interventionen, die das negative Bild des Verkehrsknotenpunkts zumindest kurzfristig verbessern sollen.

Kuratorin des Projekts “Prater Stern Stunden” ist die Kunsthistorikerin Christine Bruckbauer, die sich viele Jahre im lokalen Kunstgeschehen in Pakistan, Großbritannien und Tunesien engagierte. Sie arbeite gerne im öffentlichen Raum und mit schwierigen Situationen, erzählte sie am Montag im Gespräch mit der APA. “Es sind Traumbilder, die wir schaffen wollen. Sie können auch als Vorschläge gesehen werden, wie ein friedliches Zusammenleben stattfinden kann.”

Alkoholverbot Schritt in die falsche Richtung

Vom Alkoholverbot hält Bruckbauer nichts. “Das ist sicherlich der falsche Ansatz”, sagte sie. “Ich glaube, dass man sehr viel mit architektonischer Gestaltung und mit Beleuchtung machen kann.” Dass künstlerische Interventionen allein die Situation nicht lösen werden, dessen sei sie sich bewusst: “Kunst wird nicht das Heilmittel sein. Wir müssen mit der Politik zusammenarbeiten, damit es wieder ein angenehmer Raum wird, wo man gerne hingeht.” Es werde immer Leute geben, die sich am Bahnhof treffen und verweilen. Anstatt sie zu vertreiben, müsse man überlegen, wie man das Leben der Menschen verbessern und sie auffangen könne.

(APA/red)

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