AA

Josef Grünwidl: Der neue Wiener Erzbischof im Porträt

Josef Grünwidl folgt auf Christoph Schönborn.
Josef Grünwidl folgt auf Christoph Schönborn. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Nach über fünf Jahren wurde in Wien ein neuer Erzbischof ernannt. Josef Grünwidl, zuvor apostolischer Administrator, übernimmt dauerhaft die Nachfolge von Kardinal Christoph Schönborn. Grünwidl, der als Sekretär Schönborns tätig war, kennt die Erzdiözese gut. Seine frühere Aktivität in der Pfarrer-Initiative macht seine Ernennung bemerkenswert.
Josef Grünwidl wird Wiener Erzbischof

Josef Grünwidl musste seit seinem Amtsantritt als Administrator häufig die Frage beantworten, ob er das Amt des Erzbischofs anstrebe. Seine Antworten waren meist ausweichend und im Juli direkt ablehnend. In einem Interview sagte der 62-Jährige im Frühling, dem Nuntius mitgeteilt zu haben, dass er sich für die Aufgabe nicht geeignet fühle. Obwohl andere sich eher berufen fühlten, überzeugte Grünwidl in seiner kurzen Amtszeit als Kommunikator und Organisator. Größere Entscheidungen konnte er aufgrund seiner Position in der Erzdiözese nicht treffen, aber er arbeitete sich in die komplexe Materie ein. Ihm wurden 70 Dossiers von seinem Vorgänger übergeben.

Progressive Positionen von Josef Grünwidl

Inhaltlich zeigte sich Grünwidl als Administrator progressiv. Das Pflichtzölibat ist ihm kein Anliegen und seiner Ansicht nach sollte man auch die Diskussion über Diakoninnen aktiv führen. Als Administrator nahm er auch drei Frauen in das diözesane Leitungsteam auf. Diese offene Haltung wundert wenig, wenn man bedenkt, dass Grünwidl Teil der Rom-kritischen Pfarrer-Initiative um Helmut Schüller war. Kardinal Schönborn lud ihn dereinst sogar zum Rapport. Seiner Karriere nicht geschadet haben dürfte, dass er später die Initiative wieder verließ. Der als vergleichsweise progressiv geltende Papst Franziskus hatte der Initiative ohnehin den Wind aus den Segeln genommen. Zum anderen habe für ihn das von der Pfarrerinitiative auf ihre Fahnen geheftete Stichwort Ungehorsam nicht mehr gepasst, meinte Grünwidl.

Bischšöfe, Alter und Diözese

Orgelstudium von Josef Grünwidl an der Musikuni

Geboren wurde der neue Erzbischof im Weinviertel, genauer in Hollabrunn, wo er später auch das erzbischöfliche Gymnasium besuchte. Aufgewachsen ist Grünwidl im nahen Wullersdorf. Das Priestertum war ursprünglich nicht die einzige Berufsoption des Niederösterreichers. Nach der Matura trat er zwar ins Wiener Priesterseminar ein, absolvierte neben dem Theologiestudium an der Uni Wien aber gleich auch noch ein Orgelstudium an der Musikuni. Nach einem Auslandsjahr in Würzburg sei aber klar gewesen: "Musik ist mein Hobby, Priester werden meine Berufung." Die Nähe zur Musik ist jedenfalls geblieben. Zuletzt meinte er in einem Interview, Musik sei für ihn ein "Lebensmittel" und ein "Weg zu Gott". Gleiches gelte auch für Naturerfahrungen wie etwa beim Wandern in den Bergen. Grünwidl gilt auch als humorvoll, besonders soll es ihm der deutsche Humorist Loriot angetan haben.

Josef Grünwidl von Kardinal König zum Priester geweiht

1987 wurde Grünwidl vom Wiener Weihbischof Helmut Krätzl zum Diakon geweiht, ein Jahr später von Kardinal Franz König zum Priester. In seiner späteren Karriere war er in unterschiedlichen Pfarren tätig, so in St. Johann Nepomuk in Wien, in Wiener Neustadt, Kirchberg am Wechsel, St. Corona und Perchtoldsdorf, wo er später auch zum Dechant und geschäftsführenden Vorsitzenden des Wiener Priesterrats berufen wurde. Letzteres Amt legte er zurück, als er im Jänner 2023 zum Bischofsvikar für das Vikariat Süd - Unter dem Wienerwald ernannt wurde.

Grünwidl ist dann auch mehr Praktiker als der große Theologe, der wiederum Schönborn ist. Dafür zeichnet ihn große seelsorgerische Erfahrung aus, eine Erfahrung, die in der neue Rolle kaum schaden wird. Anhand seiner Interviews kann man sich zumindest dem annähern, was von ihm in neuer Rolle zu erwarten ist. Grünwidl wünscht sich keine Kirche "die ständig zur Tagespolitik mit dem Zeigefinger Stellung nimmt". Es sei aber ihre Aufgabe, "sich zu äußern zu gesellschaftspolitischen Veränderungen, wo es um Menschenwürde, um Gerechtigkeit geht, auch um Minderheiten, damit sie nicht unter die Räder kommen", meinte er etwa in einem Interview mit der Kirchenzeitung "Der Sonntag".

"Er muss ein Mensch sein"

Was er aus der Pfarrerinitiative mitgenommen habe, sei die Einstellung, mutig zu sagen, was man denkt und auch Vorschläge zu machen. Die wichtigste Qualifikation für das hohe Wiener Kirchenamt nannte Grünwidl in einem ORF-Interview: "Er muss ein Mensch sein." Josef Grünwidl, geboren am 31. Jänner 1963 in Hollabrunn (NÖ). Studien der Theologie und Orgel (Konzertfach). Weihe zum Diakon 1987 und zum Priester 1988. Anschließend Pfarrer in Kirchberg am Wechsel, Feistritz, St. Corona, Trattenbach und Perchtoldsdorf (alle NÖ). Von 2016 bis 2023 Dechant in Perchtoldsdorf und Vorsitzender des Wiener Priesterrats, ab 2023 Bischofsvikar. Ab 22. Jänner 2025 apostolischer Administrator der Erzdiözese Wien.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Josef Grünwidl: Der neue Wiener Erzbischof im Porträt
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen