Letzter Wille für den guten Zweck: Spenden im Nachlass boomen
Im Vorjahr wurden hierzulande 115 Millionen Euro im Rahmen von Testamenten gespendet. Das ist ungefähr ein Zehntel des Gesamtspendenaufkommens in Österreich, berichtete der Fundraising Verband Austria am Donnerstag bei einem Pressegespräch in Wien. Im Durchschnitt gehe eine Testamentsspende an drei bis sieben Organisationen, mit Beträgen zwischen 50.000 und 100.000 Euro.
Zehn Prozent aller Spenden stammten im Vorjahr aus Testamenten
Über 90 Prozent der bereits geleisteten Testamentsspenden stammen von alleinstehenden und kinderlosen Personen. Bei den Tätigkeitsbereichen, die auf diese Art und Weise im Nachlass bedacht werden, hat der Umwelt- und Tierschutz die Nase vorn, dicht gefolgt von Gesundheit und Sozialem. Gerade in Wien gibt es zudem eine überdurchschnittliche Tendenz zu Kunst und Kultur sowie Wissenschaft und Forschung, sagte Ruth Williams, Geschäftsführerin des Fundraising Verbands Austria, der die Initiative "Vergissmeinnicht" zur Information über die Themen Erbrecht und Testament ins Leben gerufen hat.
Immer mehr Menschen ohne Erben
"Die demografische Entwicklung wird in den nächsten Jahren die Bedeutung von Testamentsspenden verstärken. Immer mehr Menschen haben keine Erbinnen oder Erben mehr", so Williams. Das habe dazu geführt, dass im Vorjahr 18,6 Millionen Euro mangels Erben an den Staat gegangen sind.
Zudem werde das Erbvolumen hierzulande in den nächsten Jahren steigen: Derzeit sind es 21,5 Milliarden Euro im Jahr, bis 2050 wird sich diese Zahl voraussichtlich auf fast 41 Milliarden Euro verdoppeln. "Das ist natürlich ein enormes Potenzial für den gemeinnützigen Sektor - gerade weil andere Kanäle, über die Spenden lukriert werden, im Sinken sind", sagte Williams.
Umfrage zeigt Informationsdefizit und steigendes Interesse
Eine in Kooperation mit der Notariatskammer im Jahr 2024 unter 2.000 Personen durchgeführte Umfrage habe gezeigt, dass sich fast 60 Prozent der Bevölkerung wenig bis gar nicht zum Thema Erbrecht informiert fühlen. Dementsprechend kommt es immer wieder zu Fällen, in denen ein letzter Wille wegen inhaltlicher Fehler oder gesetzlichen Widersprüchen nicht erfüllt werden kann, sagte die Notarin Elisabeth Kahler.
Hingegen steigt die Zahl der potenziellen Spenderinnen und Spender: Insgesamt sind 18 Prozent der über 40-Jährigen bereit, in ihrem Testament eine gemeinnützige Organisation zu bedenken. 2012 waren es noch acht Prozent. "Gerade jetzt, in der Zeit rund um Allerheiligen, verzeichnen Notariate ein besonders großes Interesse. Das zeigt, dass sich viele Menschen bewusst mit der Frage auseinandersetzen, was nach ihrem Ableben mit ihrem Vermögen geschehen soll", sagte Kahler weiter.
"Licht ins Dunkel" seit diesem Jahr Teil der Initiative
"Vergissmeinnicht" vereint rund 100 gemeinnützige Organisationen aus ganz Österreich. Seit diesem Jahr zählt auch "Licht ins Dunkel" dazu. Der Anteil an Testamentsspenden lag auch dort in den vergangenen Jahren zwischen fünf und zehn Prozent der Gesamtspendensumme.
"Bei den allermeisten Verlassenschaften kennen und vertrauen uns die Erblasser und knüpfen die Spende an keinen bestimmten Zweck. Damit ist es uns möglich, das Geld dort einzusetzen, wo es am dringendsten benötigt wird", sagte Mario Thaler, Geschäftsführer von Licht ins Dunkel.
(APA/Red)