Prozess um missbrauchte Wiener Lehrerin geht ins Finale

"Ich hab' sie noch nie so fertig gesehen", schilderte der Vater der Lehrerin. Zunächst hätte sie sich ihrer jüngeren Schwester anvertraut, dann hätten auch die Eltern erfahren, "was ihr passiert ist. Dass sie von einer Bande Jugendlicher erpresst, beraubt, vergewaltigt wurde. Drogen, Gewalt, Demütigung". Man habe ihr auch Geld gestohlen, einmal eine Spardose mit 800 Euro, dann für einen Urlaub angesparte Banknoten aus einer Handtasche, gab der Vater der Frau zu Protokoll.
Vater: "Sie war total durch den Wind"
Mit "kompromittierenden Fotos" hätte man seine Tochter unter Druck gesetzt, schilderte der Vater. Seine Tochter habe nicht zur Polizei gehen wollen, weil sie befürchtete, das Wissen um ihre Kontakte zu Jugendlichen würde an der Schule die Runde machen: "Sie hat gemeint, dass das beruflich schlecht ausgeht. Sie war total durch den Wind." Dann sei einige Zeit eine Ruhe gewesen, seine Tochter hätte geglaubt, die Angeklagten hätten das Interesse an ihr verloren. Diese sei aber dessen ungeachtet weiter unter Druck gestanden: "Dass das rauskommt, war ihre größte Angst. Die Scham. Die Kollegen haben sie blockiert gehabt. Außer uns hat sie niemanden gehabt. Sie war sozial abgenabelt."
Die Hauptangeklagten - ein 15-jähriger Iraker, ein 17-jähriger Rumäne und ein 15-jähriger Afghane - befinden sich seit acht Monaten in U-Haft. Sie sind zu den zentralen Vorwürfen - darunter Vergewaltigung und sexueller Missbrauch - nicht geständig, die Brandstiftung geben sie zu. Insgesamt müssen sich sieben Burschen vor einem Schöffensenat verantworten, darunter auch ein mittlerweile 17-jähriger Ex-Schüler der Lehrerin, mit dem die Frau kurzzeitig ein einvernehmliches und daher strafrechtlich unbedenkliches sexuelles Verhältnis gehabt haben soll. Der Jugendliche war in diesem Zeitraum 16 Jahre alt. Ihm wird lediglich die Beteiligung am Diebstahl der Spardose aus der Wohnung der Lehrerin angekreidet.
Jüngster Angeklagter im inkriminierten Tatzeitraum teilweise noch strafunmündig
Mit dem Wissen um ihr Verhältnis mit dem Jugendlichen hatte sich die Lehrerin laut Anklage erpressbar gemacht. Mehrere Beschuldigte setzten ihr heftig zu, es soll zu sexuellen Übergriffen gekommen sein. Der jüngste Angeklagte, der laut Anklage daran nicht direkt beteiligt war, war zu diesen Zeitpunkten noch 13 und daher strafunmündig. Er war auch mit dabei, als die 15-jährigen Hauptangeklagten in der Nacht auf den 16. Jänner 2025 in die Wohnung der Frau eindrangen und dort Feuer legten. Zu diesem Zeitpunkt war er seit etwas mehr als zwei Wochen 14, sodass er sich wegen Beteiligung an der Brandstiftung vor Gericht mitzuverantworten hat.
Die Eindringlinge hatten Schmuck und sonstige Wertgegenstände zusammengerafft und danach an zwei Stellen Feuer gelegt. Die Wohnung brannte komplett aus. Nur dank eines raschen Eingreifens der Berufsfeuerwehr konnte ein Übergreifen der Flammen auf andere Teile des Mehrparteienhauses verhindert werden.
Mutter: "Sie wurde komplett bedroht"
Mit der Brandstiftung und den dazu eingeleiteten polizeilichen Ermittlungen habe sich das, was seiner Tochter zuvor widerfahren war, "nicht mehr verheimlichen lassen. Gegipfelt hat das Ganze in der Brandlegung", meinte der Vater der Lehrerin zusammenfassend. "Sie wurde komplett bedroht, sie hatte Angst", bekräftigte im Anschluss die Mutter der Frau. Sie habe "die ganz gewaltvollen Geschichten nicht hören wollen".
Die Mutter schilderte die Ausgangslage - das kurzzeitige einvernehmliche sexuelle Verhältnis ihrer Tochter zum 16-Jährigen - völlig anders als der inzwischen 17-Jährige. Dieser sei einfach "in die Wohnung gekommen", behauptete die Mutter. Die Lehrerin hatte allerdings selbst eingeräumt, sie habe zu sehr später Stunde in alkoholisiertem Zustand den Jugendlichen kontaktiert und in ihre Wohnung gebeten, wo es erstmals zu einvernehmlichem Sex gekommen sei. "Sie hat nie gesagt, dass sie eine romantische Beziehung hatten", insistierte die Mutter in ihrer Befragung, "das Wort 'Liebe' ist nie gefallen."
Einem im Ermittlungsverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachten zufolge erlitt die Frau als kausale Reaktion auf die sexuellen Übergriffe eine chronische Depression und eine posttraumatische Belastungsstörung. Letztere ist laut Gutachten einer schweren Körperverletzung gleichzusetzen.
(APA)