Hamas kündigt Übergabe weiterer Geisel-Leiche an
Nach der Überstellung der sterblichen Überreste einer bereits geborgenen Geisel hat die israelische Regierung der Hamas vorgeworfen, gegen das geltende Abkommen verstoßen zu haben. Die islamistische Palästinenserorganisation habe am Vorabend einen Teil des Leichnams einer von Israel bereits 2023 teilweise geborgenen toten Geisel zurückgegeben, teilte das Büro von Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu am Dienstag mit.
Dies sei ein "eindeutiger Verstoß" gegen die getroffene Waffenruhe-Vereinbarung. Netanyahu werde sich mit den Spitzen der Sicherheitsbehörden treffen, "um Israels Schritte als Reaktion auf die Verstöße zu besprechen", hieß es weiter.
Noch immer 13 tote Geiseln im Gazastreifen
Die Hamas hatte den Sarg mit den sterblichen Überresten am Montagabend im Gazastreifen an das Rote Kreuz übergeben. Auf israelischer Seite war der Eindruck entstanden, damit sei gemäß der Waffenruhevereinbarung die 16. getötete Geisel von der Hamas übergeben worden.
Dem maßgeblich von US-Präsident Donald Trump vermittelten Abkommen zufolge hätten die Islamisten bereits vor zwei Wochen neben den letzten 20 überlebenden Geiseln auch alle 28 toten Geiseln an Israel übergeben müssen. Noch immer sind jedoch 13 tote Geiseln im Gazastreifen.
Mann wurde bei Nova-Festival ermordet
Ofir Tzarfati hatte am 7. Oktober 2023 mit Freunden das Nova-Festival besucht, als die Hamas und ihre Verbündeten die Partygäste überfielen und unter ihnen ein Massaker anrichteten. Der 27-Jährige war wie viele andere Festivalbesucher als Geisel in den Gazastreifen verschleppt und später von der israelischen Armee für tot erklärt worden. Teile seines Leichnams wurde von der israelischen Armee im Gazastreifen geborgen und in Israel beigesetzt.
Das Forum der Geisel-Familien forderte die israelische Regierung auf, "entschlossen" gegen die Hamas vorzugehen. "Angesichts des schweren Verstoßes der Hamas gegen die Vereinbarung gestern Abend ... kann und darf die israelische Regierung dies nicht ignorieren und muss entschlossen gegen diese Verstöße vorgehen", erklärte das Forum.
Die Hamas gibt an, dass es für sie schwierig sei, die Toten zu finden, weil sie unter den Trümmern bombardierter Gebäude und Tunnel verschüttet seien. Eine Sprecherin der israelischen Regierung warf den Islamisten vor, zu lügen. Israel wisse, dass die Hamas die sterblichen Überreste finden könne.
Smotrich will freigelassene palästinensische Häftlinge wieder festnehmen
Der rechtsextreme israelische Finanzminister Bezalel Smotrich kündigte unterdessen an, Netanyahu auffordern zu wollen, alle bisher im Rahmen des Deals freigelassenen und ins Westjordanland gebrachten palästinensischen Häftlinge wieder festnehmen zu lassen.
Israel musste gemäß der Vereinbarung im Gegenzug für die Rückkehr der 20 noch lebenden Geiseln rund 250 zu teils lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilte Häftlinge freilassen, darunter wegen Mord und Beteiligung an Terroranschlägen verurteilte. Palästinensischen Angaben zufolge kamen 88 von ihnen zurück ins Westjordanland. Viele wurden wegen der Schwere ihrer Verbrechen im Rahmen des Deals auch nach Ägypten gebracht. Israel musste zudem 1.700 im Gazastreifen festgenommene Palästinenser freilassen.
Hamas hat in der Vergangenheit auch palästinensische Leichen übergeben
Die Hamas hatte bereits in der Vergangenheit anstelle von sterblichen Überresten der aus Israel Entführten palästinensische Leichen übergeben. Ob wissentlich oder versehentlich ist unklar. Vor zwei Wochen übergab sie zuletzt statt einer Geisel eine palästinensische Leiche.
(APA/AFP/dpa)