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Viele Österreicher neigen zu Verschwörungstheorien

Jeder fünfte Österreicher neigt zu Verschwörungstheorien.
Jeder fünfte Österreicher neigt zu Verschwörungstheorien. ©APA/HERBERT PFARRHOFER (Symbolbild)
Ein Forschungsprojekt der Universitäten Salzburg und Lausanne hat einen direkten Zusammenhang zwischen Verschwörungstheorien und der politischen Situation in europäischen Staaten festgestellt. Menschen in Ländern mit Korruption oder wenig demokratischer Erfahrung neigen eher zu solchen Theorien. In Österreich betrifft dies etwa jeden Fünften.
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In Österreich neigen etwa 20 Prozent der Bevölkerung zu Verschwörungstheorien, was weniger als in den meisten Nachbarländern ist. Ein wichtiger Faktor dafür sei "das Vertrauen in die Institutionen, das Vertrauen in die Politik", erläuterte Projektinitiator Reinhard Heinisch im Gespräch mit der APA, "und das ist in Österreich größer als anderswo." Nur in Deutschland ist der Anteil mit 13 Prozent geringer. In Slowenien vermutet sogar die Hälfte der Bevölkerung Verschwörungen, während es in der Slowakei 37 Prozent sind. Laut der zehnten European Social Survey zeigen nördliche europäische Staaten die niedrigste Verschwörungsmentalität, wobei Schweden bei 7,2 Prozent liegt. Im November 2023 führten Salzburger Forscher ergänzende Umfragen unter wahlberechtigten Österreichern zu Verschwörungstheorien bezüglich Corona, Migration und Klima durch.

Nicht jede Behauptung ist eine Verschwörungstheorie

Aber nicht jede unbeliebte Behauptung sei auch eine Verschwörungstheorie. "Zu sagen, der Klimawandel ist kein Problem und wir sollten mehr CO2 produzieren" oder "Greta Thunberg ist eine furchtbare Frau, die ich ablehne", seien radikale Positionen - aber nicht verschwörungstheoretisch, so Heinisch. Eine Verschwörungstheorie erfüllt dem Politologen zufolge spezifische erzählerische Merkmale: "Es muss eine verschworene Gruppe existieren, die im Geheimen einen Plan schmiedet, der der Bevölkerung schadet, für die Allgemeinheit nicht einsehbar ist und dieser Gruppe Vorteile bringen soll." Also etwa Behauptungen, Klimawandel oder Corona hätten Forscher erfunden, die daraus Profit schlagen oder mit Spritzen von Tech-Milliardären die Bevölkerung kontrollieren wollen.

"Wir alle glauben daran, dass Dinge nicht immer Zufälle sind", so der Experte. Eine echte Verschwörungsmentalität sieht aber hinter allen Phänomenen geheime Intrigen: "In der Häufigkeit und in der Tendenz ist das aussagekräftig, nicht in der Einzelfrage." Das mache auch die Analyse von Politikeraussagen im Forschungsprojekt schwer. Populistische Parteien würden zwar Mythen wie den "geplanten Bevölkerungsaustausch" bespielen - aber in codierter Form, während "die Menschen im Kopf das ergänzen, was Politiker nicht dazu sagen". In Ländern mit hoher Verschwörungsmentalität stünden solche Parteien oft in Konkurrenz: "Damit man sich unterscheidet, muss man im Narrativ zulegen und härter werden." Dagegen sei in Krisen eine Expertensprache für viele abschreckend. Man müsse Menschen "emotional abholen".

Verschwörungstheorien: Geschlecht und Alter spielen geringe Rolle

Der Blick nach Österreich lässt laut den Forschern nur wenige Rückschlüsse auf demografische Besonderheiten im Umgang mit Verschwörungstheorien zu. Beim Geschlecht und Alter gäbe es kaum Unterschiede. Menschen mit mittlerer Bildung seien anfälliger, sowohl höher als auch geringer Gebildete tendieren seltener zur Verschwörungsmentalität. Lediglich bei Corona seien besonders Österreicher mit Migrationshintergrund skeptisch.

Die größten Unterschiede zeigt die Befragung beim Wahlverhalten auf. Wer populistisch oder radikal wählt, teilt Verschwörungserzählungen öfter. "Wobei bestimmte Erzählungen nicht nur bei den Wählern rechtspopulistischer Parteien auftauchen, sondern auch bei den linkspopulistischen Wählern." Zwischen den äußeren Polen gäbe es weniger Interesse an solchen Narrativen. "Das zeigt uns, dass es sehr viel mit Systemvertrauen zu tun hat."

Auch innerhalb von Ländern zeigen sich Unterschiede: Für Österreich liegen die veröffentlichten Werte zur Verschwörungsmentalität mit 30,8 Prozent der Bevölkerung in Kärnten am höchsten, gefolgt von Salzburg (23,8) und Tirol (23,1). Schlusslichter sind Niederösterreich (17,4), Wien (15,8) und das Burgenland (12,5). Dazwischen liegen Oberösterreich (20,6), Steiermark und Vorarlberg (jeweils 19,6).

(APA/Red)

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